Ideen, bitte: 3 Erfolgsfaktoren für den Kreationsprozess

Was hat uns, die Chemnitzer Werbeagentur zebra, zu Ostdeutschlands Nummer eins gemacht? Blicken wir den Kreativen bei der Ideenfindung über die Schulter und sammeln Tipps für den Kreationsprozess. ?

Katina Scholz (im Bild) ist reif für die Kreativ-Insel. Sie hat sich zurückgezogen auf eines der zwei gemütlichen, hellgrünen Sofas, die sie mit ihren hohen Rückenlehnen angenehm abschotten vom Arbeitsalltag. Scholz denkt nach. Verwirft. Schreibt Stichworte auf das Ideenpapier, das vor ihr liegt. Als Texterin und Konzeptionerin gehört sie zu zebras Kreativ-Team und kennt die Herausforderungen der Ideen-Jagd genau. Ihr bester Tipp für selbige: keine Treibjagd daraus machen, sondern die Uhr anhalten. Zumindest geistig.

Die „zebra-Methode“ bedeutet: sich Zeit nehmen

Genügend Zeit und die Fähigkeit, im ersten Schritt möglichst breit zu denken, seien für die Ideenfindung essenziell. Fokussiert werde später, zunächst sei jede Assoziation, ob naheliegend oder noch etwas nebelig, willkommen. zebra-Geschäftsführer Joerg G. Fieback, selbst bei vielen Pitches mit auf der Suche nach der bahnbrechenden Idee, gibt ihr Recht:

„Studien zeigen, dass Zeitdruck der schlimmste Kreativitätskiller überhaupt ist. Wir wissen, dass wir im Vergleich zu anderen Agenturen im Kreationsprozess gerne mal länger brauchen. Das ist eine bewusste Entscheidung – wir räumen unseren Leuten selbst dann Zeit für die Ideenfindung ein, wenn wir eigentlich kaum mehr welche haben. Neurowissenschaftlich betrachtet ist unser Gehirn viel besser geeignet, Routinen abzuspulen, als kreative Lösungen zu erarbeiten. Dafür braucht es Zeit – unter Druck greifen wir nämlich automatisch auf altbekannte Strukturen zurück.“

Und noch etwas entscheidet über den Erfolg des Kreationsprozesses: das Schwarmwissen. Wer das Potential aller Mitarbeiter erkenne, erhalte einen großen Ideenpool, so Creative Director Art Axel Neumann (rechts). Er weiß, dass das Schwarmwissen nur dann zugänglich wird, wenn alle Ideen mit dem gleichen Chancendenken bewertet werden: „Diese Wertschätzung füreinander ist für eine kreative Atmosphäre absolut notwendig.“

Zur Vorbereitung eines Pitches gehören bei zebra häufig ein Marken-Workshop mit dem potenziellen Kunden und ausführliche Zielgruppen- und Wettbewerbsanalysen. Für die Ileburger Sachsenquelle Kampagne zum Beispiel standen Strategie, Zielgruppe und Botschaft nach dieser Analyse fest. Zwei elementare Ergebnisse waren: Ostmarken besitzen bei den Kunden einen Bonus hinsichtlich Glaubwürdigkeit und Sympathie. Und Ileburger Sachsenquelle sollte für eine bestmögliche Abgrenzung vom Wettbewerb am besten auf eine moderne, ehrliche und authentische Positionierung setzen.

Die „zebra-Methode“ bedeutet: tiefer schürfen

„Erste Ideenansätze entstehen meist bei den Konzeptionern und Textern und werden im Projekt-Team, das außer ihnen aus einem Geschäftsführer, Projektmanager und Grafiker besteht, besprochen und diskutiert. Es kommt vor, dass zunächst keine Idee überzeugt. Gute Ansätze, die eventuell weiterentwickelt werden können, wandern in unsere sogenannte „Ice-Box“ und werden später eventuell noch mal aufgegriffen. Dann heißt es: bitte noch einmal von vorn“, erklärt Neumann. Dieses tiefe Schürfen sei zeitaufwendig, bringe Kreative aber oft auf neue, ungesehene Wege – und somit das Projekt zu einem noch besseren Endergebnis.

Die besten Ideen werden in der Grafik während des Kreationsprozesses angescribbelt. zebra arbeitet mit der Galerie-Methode: Alle visualisierten Ideen kommen an eine Wand und werden durch Diskussionen im Team weiterentwickelt.

„Diese Ideenbewertung ist vollkommen offen – die Meinung des Praktikanten zählt dabei genauso wie die des Geschäftsführers, denn besonders junge Mitarbeiter bringen meist viel Potential und neue Sichtweisen mit, was den Kreationsprozess enorm voranbringen kann“, so Neumann. Er zeigt uns die ersten Entwürfe aus dem damaligen Pitch:

Wenn mehrere Favoriten-Ideen feststehen, verpassen Konzeptioner und Grafiker ihnen Feinschliff. „Und zwar Hand in Hand. Grafiker setzen also nicht nur Ideen um und ‚machen bunt‘, sondern arbeiten konzeptionell mit und entwickeln Ideen nicht selten durch ihre visuellen Interpretationen entscheidend weiter. Diese Phase mag ich persönlich am liebsten, denn es ist toll zu merken, wie das Team sich gegenseitig motiviert und wir für eine gemeinsame Idee brennen“, erklärt Neumann. Aus dieser Phase beim Ileburger Sachsenquelle Pitch stammen folgende Weiterentwicklungen:

Neumann und sein Kreativ-Team gaben sich damit jedoch nicht zufrieden: „Für viele Kreative, die neu zu uns kommen, ist dieser Prozess gewöhnungsbedürftig, denn definitiv fordert er mehr als ein übliches Brainstorming. Unserer Erfahrung nach fördert aber gerade dieses akribische Rundendrehen die richtig guten Ideen zutage. So auch in diesem Fall: Nach erneutem „Nochmal-Denken“ entwickelte sich aus der Headline-Kampagne und der Testimonial-Kampagne zusätzlich die Olaf-Schubert-Idee, die sich letztendlich im Marktforschungstest durchsetzen konnte.“

Sachsenquelle Kampagne Olaf Schubert

Der Comedian Olaf Schubert, der wie kein anderer für die Markenwerte steht und authentisch das Produkt mit der sächsischen Herkunft verbindet, erklärt dabei das Produkt Wasser. zebra adaptierte die Idee auf verschiedene Kanäle und entwickelte neben der Plakatkampagne ein neues Corporate Design, Online-Videos, ein interaktives Videospecial, Radiospots, POS-Aktionen und Social-Media-Maßnahmen.

Der Funken der Idee sprang über, die Agentur positionierte Ileburger Sachsenquelle damit aufmerksamkeitsstark am Markt. Eine glanzvolle Teamleistung, die jedoch mit „Einzelsitzungen“ der beteiligten Kreativen begann. Denn die besten Ideen entstehen nicht beim Brainstorming, meint Geschäftsführer Fieback.

Die „zebra-Methode“ bedeutet: einzeln denken statt brainstormen

„Für die anfängliche Ideenentwicklung braucht es mehr als übliches Brainstorming. Der Mix macht es und die Kombination aus erstmal alleine denken, dann zusammensetzen, austauschen, neue Impulse setzen und wieder alleine denken. Das klassische Brainstorming erzeugt dagegen engmaschiges Denken. Die Kreativen beeinflussen sich unbewusst gegenseitig, was den Fokus verkleinert und die Zahl der Ideen nicht wie weithin angenommen erhöht, sondern sogar verringert. Drei Kreative entwickeln in der Gruppe weniger gute Ideen, als drei Kreative, die getrennt nach Ansätzen suchen.“

Zunächst für sich allein Ideen zu entwickeln habe außerdem den Vorteil, dass jeder mit der Kreativitätstechnik arbeiten könne, die für ihn am besten funktioniere.

Scholz´ Ideenpapier jedenfalls hat sich inzwischen beachtlich gefüllt. Sie streckt sich, packt Stift und Block zusammen – Zeit, inspiriert von der Insel zurückzukehren und gemeinsam mit dem Rest des Teams eine neue Überflieger-Idee zu erarbeiten.

(Dieser Artikel entstand 2014 im Rahmen einer Content-Partnerschaft mit Sputnika.de.)